Die Anforderungen an eine moderne Gesundheitsversorgung in westlichen Gesellschaftenbefinden sich im Wandel. Einerseits wächst der Bedarf an Versorgungsleistungen aufgrund der Zunahme chronischer Erkrankungen und Behinderungen. Dies ist eine Folge des demografischen Wandels und der abnehmenden Leistungsfähigkeit sozialer Netze im Zuge der gesellschaftlichen Individualisierung. Andererseits verringern sich die finanziellenRessourcen der Gesund heitssysteme.Die Diskussionen, Konzepte und Vorschläge, die an diesen Wandel anschliessen,unterscheiden sich in den jeweiligen Ländern zum Teil beträchtlich. Dennoch können prinzipiell zwei Strategien unterschieden werden: die Reorganisation und qualitative Verbesserung der Versorgung und ihrer Finanzierungsgrundlagen sowie die Senkung des Bedarfs an Versorgungsleistungen durch die Stärkung von Prävention, Eigenverantwortung und Selbsthilfe.
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Kosten-Nutzen-Analysen in Deutschland haben gezeigt, dass die Leistungen der Selbsthilfe in manchen Fällen direkt Kosten einsparen können, da professionelle Versorgungsleistungen und soziale Sicherungsleistungen teilweise überflüssig werden. Gleichzeitig stösst die direkte und indirekte finanzielle Förderung von Selbsthilfezusammenschlüssen private Ausgaben der Betroffenen an, die um ein Vielfaches höher sind, als die Förderbeträge. Ein grosser Teil dieser privaten Ausgaben fliesst über Steuern und Sozialabgaben wieder in die öffentlichen Haushalte zurück. Diese Analysen, die weitgehend positiven wissenschaftlichen Forschungsergebnisse und die praktischen Erfahrungen in der Schweiz und in Deutschland machen den wesentlichen Beitrag der Selbsthilfe zur psychosozialen und medizinischen Versorgung chronisch Kranker und Behinderter deutlich.
Aus: Bernhard Borgetto, Selbsthilfe und Gesundheit – Analysen, Forschungsergebnisse und Perspektiven; Buchreihe des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums,Verlag Hans Huber, Bern 2004, CHF 49.90, (ISBN 3-456-84027-6).
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